Die weibliche Seite Gottes. Kunst und Ritual

GEBETBUCH (MACHSOR), 1300–1330, Handschrift auf Pergament, Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Signatur: Cod. Levy 37

Sofern überhaupt noch über Religion, religiöse und kultische Bräuche nachgedacht wird, sind sie durchweg patriarchal ausgerichtet, also auf eine als männlich vorgestellte Gottheit hin. Der patriarchale Gott beherrscht die großen Religionen wie das Judentum, das Christentum und den Islam. Dem gegen über tritt schnell in Vergessenheit, dass Religion, Glauben und männliche Gottheit keine notwendige Einheit bilden, dass es vielmehr auch Religionen gab, denen eine Göttin vorstand. Ebenso ist wenig oder gar nicht bewusst, dass dem männlichen Gott immer ein weiblicher Anteil eigen ist. Auf diesen Aspekt unter anderem führte die Ausstellung im Jüdischen Museum in Frankfurt hin, deren Inhalte dauerhaft in einem ebenso umfangreichen wie eindrücklichen Katalog fixiert sind.

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Die Büchse der Pandora

Zülküf Kurt

Eine Freundin rief am Samstagmorgen an und lud mich zur Fotoausstellung Ulli Crespo im Zollamt ein.

Samstagmorgen war es sonnig, aber kalt. Alle waren draußen, um die Sonne zu genießen, obwohl es kalt war.

Ich traf meine Freundin vor dem Zollamt, da war es noch sonnig. Wir gingen in die Ausstellung „Görndland Eiskalt“. Von den Gletschern auf den Bildern schlug uns die Kälte förmlich entgegen. Sonnige Unmittelbarkeit und eisige Mittelbarkeit…..

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Konturen der Natur

Die Galerie Maurer zeigt aktuell unter dem Titel „Konturen der Natur“ Arbeiten von Aja von Loeper, Joseph Stephan Wurmer und Paul Diestel. Gemeinsam ist den unterschiedlichen Werken eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Natur. “Konturen der Natur” vereint Naturstudium alter Tradition mit innovativen Weisen der Um- und Übersetzung.

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Pteroptyx Tener oder das Glühwürmchen als Bildgegenstand bei Grimonprez

© Courtesy of the artist and Galerie Anita Beckers

Viola Hildebrand Schat

Der in Trinidad geborene, heute in Gent lebende Johan Grimonprez ist hierzulande kein Unbekannter, war er doch 1997 auf documenta X vertreten. Charakteristisch für Grimonprezs Arbeiten sind sowohl intermediale Verschränkungen wie auch eine fundierte Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Fragen. Dabei stellt er grundlegende Wahrnehmungsweisen zur Disposition, nicht zuletzt auch den immer wieder hervortretenden eurozentristischen Blick.

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Die Sprache der Form und des Materials

Martine Andernach, Dietz Eilbacher und Hans Steinbrenner im KunstRaum Bernusstraße

Skulpturale Arbeiten haben dem Betrachter immer schon mehr abgefordert als Gemälde, allein schon deshalb, weil sie sich in den Raum einbinden und mit ihrer räumlichen Umgebung korrespondieren. Für den Betrachter heißt das, dass er sich auf die Raumsituation einlassen, dass er sich selbst im Raum und in Beziehung zum Werk verorten muss, das aber nicht von einem einzigen Standpunkt aus kann, vielmehr seinen Blickpunkt mehrfach verändern muss. Hinzu kommt, dass gerade bei der modernen und zeitgenössischen Skulptur Form und Material an sich ikonographische Implikationen dominieren. Das Wesen des Werkes erschließt sich über seine Form im Verhältnis zum Umraum und dem Licht, was wiederum durch die Oberfläche wesentlich mitbestimmt wird.

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Gespalten

©Dora Ostrovsky Art Hub Gallery Mykola Ridnyi-Under Suspicion 768×432

Zülküf Kurt

Bei Dora Ostrovsky Art Hub Gallery ist aktuell eine von Boris Mikhailov kuratierte Ausstellung junger urkrainischer Künstler zu sehen. Mit Werken vertreten sind neben Mikhailov selbst Alina Kleytman, Sasha Kurmaz, Vlada Ralko und Mykola Ridnyi. Gemeinsam ist den künstlerischen Ansätzen bei aller Unterschiedlichkeit der schonungslose Blick auf den von Armut und Gewalt geprägten Alltag. Die Künstler konfrontieren den Betrachter mit Situationen, in denen er oder sie zum Beobachter von Beobachtung wird, die entweder voyeuristische Züge annimmt oder der Kontrolle und Überwachung dient.

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Vergiss nicht, was passiert ist!

© Schirn Kunsthalle Frankfurt

Zülküf Kurt

“Entweder ist er tot, oder meine Uhr hat aufgehört”

Groucho Marx

Das Zitat von Groucho Marx, Wortführer der Marx Brothers, steht wie ein Motto über der aktuellen Ausstellung des iranischen Künstlerkollektivs in der Schirn Kunsthalle. Zu sehen sind Werke von Ramin Haerizadeh, Rokni Haerizadeh und Hesam Rahmanian. Entstanden ist die Installation in ihrem Haus in Dubai, doch das Themenfeld ist weit gefasst. Die Künstler schlagen den Bogen von einer durch Krieg und Unruhen erschütterten Region in die Welt der Kunst. Groucho Marx’ Ausspruch ‚“Entweder ist er tot, oder meine Uhr hat aufgehört“ ist zugleich der Titel einer Installation, in der sich vielschichtige Erzählungen verflechtet: der Iran-Irak-Krieg, das Vergessen des Leidens während und nach dem Krieg, Flucht und all die mit der Migration verbundenen Probleme, nicht zuletzt auch das Erinnern und das Vergessen. All dies sind Themen, die auf die aktuellen Probleme reagierend, sich zu nahezu absurd anmutenden Erzählungen formen, die in Videos als visuelle Collagen hervortreten. In Erinnerung gebracht werden aber auch die Revolution im Iran und der Fall Saddam Husseins.

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Kann die Wahrheit vom Tanz aus erreicht werden?

© Jeremy Shaw, Towards Universal Pattern Recognition (Businessmen’s Fellowship SEP 12 1976), 2020, Photo: Timo Ohler, ©the artist, Courtesy: the artist and KÖNIG GALERIE Berlin, London, Tokio

Zülküf Kurt

Seit dem 25. September ist im Frankfurter Kunstverein die Ausstellung des kanadischen Künstlers Jeremy Shaw zu sehen. Unter dem Titel “Phase Shifting Index” sind sieben Videoinstallationen zusammengefasst, die Einblick in die Wahrheit zu geben versprechen. Bereits in der Eıngangshalle sieht sich der Besucher mit neuronal gesteuerten Figuren konfrontiert, die Beziehung zwischen Raum und Raumverbundenheit aufzeigen sollen. Die sich hieran anschließenden Elektroschockwellen sollen den Teilnehmer auf die Ausstellung vorbereiten.

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The Space between us

Viola Hildebrand Schat

Der 1938 in Charkow geborene Boris Mikhailov erlangte 1997, als ihm für sein fotografisches Werk der mit der Verleihung des Albert Renger-Patzsch-Buchpreis verliehen wurde, in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. Bekannt wurde er als Vertreter der inoffiziellen Szene der Sowjetunion. Ausgebildet war er als Ingenieur und als Ingenieur verdiente er seinen Lebensunterhalt. Das Fotografieren brachte er sich selbst bei – aus Interesse am Medium, vielleicht auch getrieben von der Versuchung, dem vorgeschriebenen Rhythmus des sowjetischen Alltags den eigenen Blickwinkel in kreativer Umsetzbarkeit entgegenzustellen.

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