Die Sprache der Form und des Materials

Martine Andernach, Dietz Eilbacher und Hans Steinbrenner im KunstRaum Bernusstraße

Skulpturale Arbeiten haben dem Betrachter immer schon mehr abgefordert als Gemälde, allein schon deshalb, weil sie sich in den Raum einbinden und mit ihrer räumlichen Umgebung korrespondieren. Für den Betrachter heißt das, dass er sich auf die Raumsituation einlassen, dass er sich selbst im Raum und in Beziehung zum Werk verorten muss, das aber nicht von einem einzigen Standpunkt aus kann, vielmehr seinen Blickpunkt mehrfach verändern muss. Hinzu kommt, dass gerade bei der modernen und zeitgenössischen Skulptur Form und Material an sich ikonographische Implikationen dominieren. Das Wesen des Werkes erschließt sich über seine Form im Verhältnis zum Umraum und dem Licht, was wiederum durch die Oberfläche wesentlich mitbestimmt wird.

Auf eben diesen Aspekt setzt die Zusammenstellung der Werke von drei unterschiedlichen Künstlern im KunstRaum Bernusstraße, dabei aber die jeweils eigene Materialsprache der in der Ausstellung vertretenen Künstler zu erkennen gibt. Vergleichsweise breit angelegt ist sie bei Hans Steinbrenner, der mit dem Sitzenden, einer seiner frühen Arbeit aus den 1950er Jahren, die glatte Oberfläche des Steingusses demonstriert, um bei den späteren Kompositionen auf Bronzen und Holz zurückzugreifen und sich gleichzeitig vom Gegenstandsbezug zu lösen. Damit leiten seine Arbeiten zu denen von Martine Andernach über, die anhand von drei mehr oder weniger abstrakten Stelen die Möglichkeiten von Corton-Stahl vorführt. Die wie von Rost überzogene Oberfläche erscheint stumpf und erinnert in Verbindung mit den Titeln der Arbeiten an Samt – umso mehr, als sie stellenweise mit Blattgold gehöht ist. Als schmaler, sich von unten nach oben verjüngender Streifen überzieht das Blattgold eine Ansicht von La Reine. Kaum merklich blitzt das Gold nochmals an der Sockelkante auf, um schließlich der geheimnisvollen Hoheit der Figur zu weichen. Nicht weniger subtil erweist sich die Punzierung der Oberfläche der neben stehenden Stele. Auch hier ist die Härte des Corton-Stahls durch fast textil anmutende Oberfläche gebrochen.

Dietz Eilbacher hingegen setzt gänzlich auf die Wirkung von Naturstein. Die ausgestellten Arbeiten geben die höchst unter-schiedliche Ästhetik von Basaltlava, Granit und Muschel kalk zu erkennen, ebenso auch, dass der Künstler sich in seiner Formgebung an der Tradition von Dombauschulen orientiert. Wölbung und Kehlung verleihen den Arbeiten eine über das Material ausgreifende Wirkung. Dominierend sind so ursächliche Formen wie Kubus, Pyramide, Zinne oder Krone.

Was das Material angeht, so scheinen Andernach und Eilbacher Antipoden. Steinbrenner tritt als vermittelnde Instanz auf. Hierauf rekurriert auch die Ordnung in der Galerie. Andernach und Eilbacher ist jeweils ein eigener Raum gewidmet, Steinbrenner hingegen verortet sich in Beziehung dazu als vermittelnde Instanz. Die solcher maßen aufgerufenen Korrespondenzen werden nochmals in der oberen Etage der Ausstellungsräume aufgegriffen, wo Andernach mit Bronzen, Steinbrenner mit Stein und Eilbacher mit Blei vertreten sind.

Die Ausstellung im KunstRaum Bernusstraße ist bis zum 12. Dezember 2020 zu sehen. toLookAt